Warum wir bei Obst und Gemüse nicht nur auf das Siegel schauen sollten
Die Frühkartoffel-Saison ist inzwischen vorbei – zumindest bei uns in der Region. Doch was viele nicht wissen: Wer im Mai oder Juni im Supermarkt zu den ersten Bio-Kartoffeln gegriffen hat, hatte oft Ware aus Israel oder Ägypten in der Hand. Angebaut in Wüstenregionen, bewässert mit fossilem Grundwasser – und trotzdem mit Bio-Label versehen. Das mag überraschen. Aber es zeigt: Nicht alles, was bio ist, ist auch ökologisch sinnvoll.
Fossiles Grundwasser ist Wasser, das sich in tieferen Bodenschichten vor Tausenden von Jahren gebildet hat, oft in Zeiten als in heutigen Wüstenregionen noch feuchteres Klima herrschte. Wird es heute für den Gemüseanbau verwendet, handelt es sich um einen einmaligen Verbrauch: Was einmal entnommen wurde, kommt nicht zurück. Es ist also kein Teil des natürlichen Wasserkreislaufs, sondern ein schleichender Raubbau an der Zukunft.
Dieses Beispiel steht exemplarisch für ein größeres Problem, das uns das ganze Jahr über begegnet – besonders jetzt im Sommer, wenn Tomaten, Gurken, Melonen oder Trauben Hochsaison haben.
Bio-Lebensmittel genießen zu Recht einen guten Ruf: keine Pestizide, tierwohlgerechte Haltung, mehr Vielfalt auf dem Acker. Doch gerade bei importiertem Obst und Gemüse offenbart sich eine ökologische Schieflage:
Viele Bio-Produkte kommen von weit her, werden in trockenen Regionen angebaut, oft in Monokulturen unter Plastikplanen und mit viel künstlicher Bewässerung versorgt.
Die EU-Bio-Verordnung regelt zwar Anbau und Düngung, aber nicht, woher das Wasser stammt. Und so ist es möglich, dass Bio-Trauben aus Südafrika, Paprika aus Marokko oder eben Kartoffeln aus Ägypten mit Ressourcen produziert werden, die sich nie wieder auffüllen und trotzdem als nachhaltig verkauft werden dürfen.
Obst & Gemüse mit doppeltem Fußabdruck?
| Produkt (aktuell im Regal) | Häufige Herkunft | |
| Bio-Trauben (Juli) | Südafrika, Peru | lange Transportwege, oft Luftfracht |
| Bio-Gurken | Spanien, Niederlande | beheizte Gewächshäuser, Plastik, Wasserverbrauch |
| Bio-Melonen | Marokko, Spanien | Monokulturen, künstliche Bewässerung |
| Bio-Tomaten | Israel, Spanien | intensiver Anbau in wasserarmen Gebieten |
| Bio-Süßkartoffeln | Ägypten | intensiver Anbau in wasserarmen Gebieten |
| Regionale Ware (Saison) | NRW, Rheinland, AT | kurze Wege, Regenfeldbau, saisonal angepasst |
Denn die gute Nachricht ist: Gerade im Juli und August haben wir hier in der Region ein riesiges Angebot an frischem, saisonalem Obst und Gemüse. Erdbeeren, Zucchini, Buschbohnen, Tomaten, Gurken, Äpfel. Oft sogar in Bio-Qualität.
Unser Vorschlag für Much: Bio und regional zusammendenken
Als Grüne in Much setzen wir uns für eine Landwirtschaft ein, die Böden, Wasser und Klima schützt. Dafür braucht es mehr als nur Labels. Es braucht ein bewusstes Einkaufen und eine regionale Wertschätzung.
Was jede*r tun kann:
- Saisonal essen: Was gerade bei uns wächst, braucht weniger Energie, weniger Wasser und keinen Flug.
- Regional einkaufen: Auf dem Wochenmarkt, im Hofladen oder über solidarische Landwirtschaft.
- Herkunft prüfen: Auch bei Bio-Ware. Wo kommt es her? Wie wurde es angebaut?
- Öffentliche Küchen (z. B. in Kitas, Schulen oder Seniorenheimen) regional ausstatten.
- Politisch einfordern, dass Nachhaltigkeit nicht am Etikett endet.
Unser Appell für den Sommer
Frühkartoffeln aus der Wüste, Bio-Trauben mit Flugticket, Tomaten mit Durst: Das alles muss nicht sein. Wer jetzt regional einkauft, isst nicht nur frischer – sondern auch mit gutem Gewissen.